"Besser, günstiger und schneller" zum sanierten Haus. Laut Uwe Bigalke, Teamleiter Energiesprong bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), liegt dieser Traum in greifbarer Nähe.
25.09.2019 Vor allem für Mieter hat eine energetische Sanierung auf den ersten Blick wenig Anziehendes an sich: Gerüste an der Fassade, Baulärm und im schlimmsten Fall eine höhere Miete. Der aktive Umweltschutz und der höhere Wohnkomfort sind für viele daher nur ein schwacher Trost. Doch auch Vermieter haben wenig Anreiz zu sanieren – ein typisches Mieter-Vermieter-Dilemma. Das soll sich mit Energiesprong nun ändern. Das Ziel sind kurze Sanierungszeiten und eine warmmietenneutrale Finanzierung. Damit aus dem Pilotprojekt bauliche Realität werden kann, sind innovative Fachhandwerksbetriebe gefragt.
Energiesprong ist ein neuartiges Sanierungskonzept, das nach hohem Wohnkomfort, kurzen Sanierungszeiten und einem innovativen Finanzierungsmodell strebt. Ziel ist, eine Sanierung mit NetZero-Standard warmmietenneutral zu ermöglichen. Das Gebäude soll im Anschluss über das Jahr so viel Energie für Heizung, Warmwasser und Strom erzeugen, wie benötigt wird. Gleichzeitig sollen auch die Bauzeiten verkürzt werden. Dazu setzt das Energiesprong-Prinzip auf standardisierte Lösungen mit vorgefertigten Elementen und eine langjährige Performance-Garantie. Die Initiative Energiesprong ("Energiesprung") kommt aus den Niederlanden und wurde dort bereits in mehr als 4.500 Gebäuden umgesetzt. Auch in Frankreich und Großbritannien ist das Konzept erfolgreich.
Uwe Bigalke: Am Beginn der Energiesprong-Sanierung steht die Vermessung des Gebäudes mit einem dreidimensionalen Laserscan. So können schnell und kostengünstig alle relevanten Abmessungen mit großer Genauigkeit erfasst werden. Angepasst an diese Maße und auch an die jeweiligen gestalterischen Anforderungen fertigen die Betriebe im Werk oder der Werkstatt die Fassaden- und Dachelemente. Abhängig von der Auftragslage vergehen von der Bestellung bis zur Auslieferung ein bis drei Monate. Anschließend werden die vorgefertigten Elemente zur Baustelle transportiert und hier in nur wenigen Tagen an das Gebäude montiert. Das erhöht die Akzeptanz auf Seiten der MieterInnen und hält den Betreuungsaufwand für die Wohnungsunternehmen vergleichsweise gering. Die Häuser entsprechen nach Abschluss der Arbeiten mindestens den Anforderungen an das KfW-Effizienzhaus 55 bis hin zum NetZero-Standard.
Uwe Bigalke: Der 3D-Scanner erfasst mit hoher Genauigkeit die Maße eines Gebäudes. Anhand dieser Daten fertigen die Hersteller in ihren Fabriken nach ihrem eigenen standardisierten Fertigungsverfahren die passenden Fassaden- und Dachelemente – komplett mit Fenstern, Dämmung und Außenputz oder -verkleidung. Dabei können grundsätzlich die gleichen optischen Elemente (zum Beispiel Oberflächen, Farben etc.) genutzt werden, wie bei einer normalen Sanierung. Auch das Material ist wählbar. In Frage kommen beispielsweise Holzständerfassaden, Elemente mit Stahlstruktur, eine selbsttragende Fassade mit Styroporkern oder glasfaserverstärkter Kunststoffummantelung. Nach dem gewählten Material richtet sich auch der Fertigungsprozess.
Welche Oberfläche bei den Fassadenelementen umgesetzt wird, entscheidet letztlich das Wohnungsunternehmen. Generell können in der Vorfertigung die Oberflächen umgesetzt werden, die auch auf der Baustelle möglich sind – somit natürlich auch Wärmedämmverbundsysteme, solange sie in einem optimierten Industrieprozess gefertigt werden und auch die Fenster bereits integriert werden können. Eine besondere Herausforderung bei WDVS ist es sicherlich auch, die Fassadenelemente so herzustellen, dass die Stoffe nach Ende ihrer Lebensdauer möglichst gut getrennt und wiederverwertet werden können. Grundsätzlich sind für Energiesprong-Sanierungen alle Dämmstoffe und Dämmsysteme verwendbar. Natürlich müssen alle Vorschriften wie zum Beispiel zum Brandschutz bei der jeweiligen Anwendung eingehalten werden. Voraussetzung ist lediglich, dass sich die Stoffe und Systeme für Fassadenelemente eignen, die außerhalb der Baustelle vorgefertigt werden. Denn durch den hohen Vorfertigungsgrad wird eine kurze Bauzeit bei hoher Qualität erreicht, Prozesse werden planbarer und können schrittweise optimiert werden – das ist unser Ziel.
Uwe Bigalke: Die dena arbeitet aktuell gemeinsam mit der Bau- und Immobilienwirtschaft daran, Sanierungen nach dem Energiesprong-Prinzip an den deutschen Markt anzupassen und erste Prototypen zu realisieren. Rund zehn Wohnungsunternehmen sowie rund 50 Bau- und Zulieferunternehmen unterstützen Energiesprong bereits. In diesem und in den nächsten Jahren sollen nun in verschiedenen Regionen Deutschlands Prototypen mit etwa 120 Wohneinheiten umgesetzt werden, die ganz konkret einen Weg in die Zukunft zeigen sollen. Derzeit fokussieren wir uns auf Mehrfamilienhäuser aus den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren mit bis zu drei Etagen, verhältnismäßig einfacher Hülle und einem eher hohen Energieverbrauch von ca. 130 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Gerade hier sehen wir das größte Potenzial für neue Produkte und Lösungen. Diese Prototypen werden wir als Marktentwicklungsteam eng begleiten und unterstützen, um Erfahrungen auf folgende Energiesprong-Sanierungen zu übertragen. So kann Schritt für Schritt ein Breitenmarkt für warmmietenneutral umsetzbare NetZero-Sanierungen entstehen.
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Uwe Bigalke ist Teamleiter Energiesprong Deutschland, Deutsche Energie-Agentur (dena). In Deutschland wird Energiesprong von der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) koordiniert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie dem EU-Förderprogramm Interreg NWE Programm „Mustbe0“ finanziert. Unterstützung bietet dabei der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Gemeinsam mit innovativen Unternehmen der Bau- und Wohnungswirtschaft wird das Energiesprong-Prinzip an den deutschen Markt angepasst und ein erster Absatzmarkt entwickelt. Die Teilnahme an der Initiative ist kostenfrei.
Mehr Infos und Kontakt unter: www.energiesprong.de
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