Um die von der Regierung gesetzten Klimaziele erreichen zu können, muss die Sanierungsquote auf mindestens drei Prozent steigen.
Ein Kommentar des Pressesprechers des Qualitätsgedämmt e.V.
03.05.2021 Vom 21. bis 23. April sowie vom 28. bis 30. April fanden die diesjährigen Berliner Energietage statt – coronabedingt erneut in digitaler Form. Dabei wurden viele wichtige Klimathemen diskutiert: Wie lässt sich der Klimaschutz weiter verbessern, wie kann die Sanierungsrate gesteigert werden, welche Gebäudestandards sind nötig und wie bleibt Wohnraum auch künftig bezahlbar? Im Zuge dessen wurde insbesondere die Notwendigkeit eines Zusammenspiels aus erneuerbaren Energien und Energieeffizienz deutlich.
Zwei "Breaking News" vor und während der Berliner Energietage untermauerten noch einmal den hohen Gesprächsbedarf und die Aktualität der Veranstaltung. Zum einen die Verschärfung der Klimaziele der EU, die Treibhausgase bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 statt um 40 Prozent nun sogar um 55 Prozent zu reduzieren. Zum anderen die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach Nachbesserungen beim deutschen Klimaschutzgesetz. Hier hat die Regierung bis Ende 2022 Zeit, Vorkehrungen für den Klimaschutz nach 2030 zu treffen.
Noch akuteren Handlungsbedarf bringt jedoch die Entscheidung des Europäischen Parlaments mit sich: Bis zum 15. Juli 2021 muss das Bauministerium ein Sofortprogramm auflegen, um die Einhaltung des Emissionsziels im Gebäudesektor – eine Reduzierung von 120 Mio. Tonnen auf 70 Mio. Tonnen CO2 – sicherzustellen. 2020 wurde dieses Ziel laut Referatsleiter Peter Rathert deutlich verfehlt.
Für den Klimaschutz ist es daher unerlässlich, die trotz eines leichten Anstiegs noch immer zu niedrige Sanierungsrate deutlich zu steigern. Aufgrund der schwer vorhersagbaren technischen Entwicklungen in den nächsten Jahren ist eine Sanierungsrate von mindestens drei bis fünf Prozent nötig, um die Klimaziele zu erfüllen.
Insbesondere dem Gebäudebestand kommt in Sachen Klimaschutz eine wichtige Rolle zu, umfasst er doch rund 42 Mio. Häuser in Deutschland. Der hohe Anreiz durch die verschiedenen Förderungen ist daher essenziell. Das Thema energetische Sanierung darf jedoch nicht nur Wohngebäude betreffen, auch der Staat muss bei öffentlichen Gebäuden als gutes Beispiel vorangehen. Henning Ellermann von der DENEFF betonte, dass für eine Umsetzung eine sichere Planbarkeit der Fördermittel notwendig sei.
Im Zuge dessen stand auch die Einführung der CO2-Steuer im Fokus von Referenten und Teilnehmern. Diese sei ein wichtiger Schritt für die Finanzierbarkeit, jedoch dürfe die soziale Schere nicht noch weiter auseinanderklaffen. Insbesondere die Frage, wer für die Steuer aufkommen soll – der Mieter oder der Vermieter –, wurde in verschiedenen Panels thematisiert. Der deutsche Mieterbund etwa fordert eine 100-prozentige Umwälzung auf den Vermieter. Axel Gedaschko vom GdW stellte dabei jedoch klar, dass sich eine Sanierung für die Wohnungswirtschaft wieder refinanzieren lassen müsse, damit Wohnraum weiterhin bezahlbar bleibe.
Thorsten Herdan vom BMWi stellte in seinem Vortrag fest, dass sich Deutschland längst in der Legislaturperiode des Gebäudes und mitten in einer Renovierungswelle befindet. Mit der attraktiven Förderlandschaft, dem GEG und der CO2-Bepreisung seien die richtigen Instrumente angeschoben worden. Vor allem die starke Nachfrage nach den Förderprogrammen der Regierung beweist laut Herdan den hohen Stellenwert der Förderung für den Klimaschutz. Die steigende Sanierungsbereitschaft spiegelt sich aktuell bereits in den Baustoffpreisen wider.
Auch Wirtschaftsminister Peter Altmeier sieht im Gebäudebereich großes Potenzial für mehr Klimaschutz und betonte ebenfalls, welch hohen Stellenwert das Thema Förderung dabei innehat. So wies er etwa darauf hin, dass Klimaschutz bezahlbar bleiben müsse und Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren dürfe. "Investitionen in den Klimaschutz müssen langfristig betrachtet werden. Auch wenn Energieeffizienz sich nicht gleich niederschlägt, ist es langfristig rentabel und ein Schritt in die richtige Richtung", argumentierte Altmeier pro Sanierung. Er betonte, dass seine Partei über zehn Jahre für die Förderung der Gebäudesanierung gekämpft habe. Und die hohe Inanspruchnahme der Förderung habe gezeigt, dass dieser Kampf richtig und erfolgreich war.
"Nur wer ein glaubwürdiges Klimaschutzkonzept vorgibt, wird bei den anstehenden Bundestagswahlen bestehen", prognostiziert Altmeier. Er forderte zudem eine Abschaffung der EEG-Umlage, die finanziellen Einbußen könnten über die CO2-Bepreisung finanziert werden.
Für Finanzminister Olaf Scholz hat eine zukunftsfähige Energiepolitik vor allem eine klare Aufgabe: deutlich mehr Strom und vor allem mehr erneuerbare Energien. Dabei gelte es, die Menschen auf dem Weg zu einem geringeren Verbrauch und damit zu einem umweltbewussteren Verhalten zu begleiten. Darauf zielt auch das Bauministerium: "Ordnungsrechtliche Maßnahmen und Zwangsvorgaben sollten nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden", so Rathert.
Als roter Faden zog sich insbesondere der noch immer hohe Optimierungs- und Klärungsbedarf bei der energetischen Sanierung unserer Gebäude durch die Veranstaltung. Das erst kürzlich auf den Weg gebrachte Gebäudeenergiegesetz (GEG) etwa wurde mehrmals als zu kurz gehalten kritisiert. Die nächsten Schritte müssten viel früher erfolgen und nicht erst im Jahr 2023.
Auch andere Fragen sorgten für viel Diskussionsstoff: Braucht es einen Energiebedarfsausweis für alle Gebäudetypen, um Vergleichbarkeit zu schaffen? Bedarf es künftig Quartierlösungen beziehungsweise ist das Einfamilienhaus für den Klimaschutz noch tragbar? Welche Energiestandards für Gebäude sind notwendig? Genügt der KfW-Effizienzhausstandard 40 für den Neubau sowie 55 für Sanierungen? Auf keinen Fall dürfe man beim Neubau die Altlasten von morgen aufbauen, konstatierte ein Panelteilnehmer.
Auch nach den sechs digitalen Berliner Energietagen blieben noch viele Fragen offen. Nichtsdestotrotz hatte der Gebäudebereich einen zentralen Stellenwert und ermöglichte, Klimaschutzmaßnahmen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu diskutieren. Dabei herrschte vor allem in zwei Punkten Einigkeit: 1.) Es gibt nicht den einen Königsweg für den Klimaschutz und 2.) Energieeffizienz und erneuerbare Energien müssen Hand in Hand gehen. Und nur mit starker Förderung kann auch gefordert werden.
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