Der Wunsch nach besserem Wärmeschutz wirft häufig die Frage auf: Was ist erlaubt und was nicht?
Wird ein Haus neu gebaut, ist eine Wärmedämmung selbstverständlich – nicht nur, weil das Gebäudeenergiegesetz (GEG) das vorschreibt. Doch was ist zu beachten, wenn eine Dämmung nachträglich an ein schon bestehendes Gebäude angebracht wird?
Einfache Fragestellungen haben oft einfache Antworten – sie zu finden, kann jedoch schwer sein, vor allem, wenn es sich um rechtliche Fragen handelt. Da ist auch das Thema nachträgliche Wärmedämmung keine Ausnahme: Regelungen dazu finden sich im Baugesetzbuch, den verschiedenen Landesbauordnungen und seltener auch in den bundeslandspezifischen Nachbarrechtsgesetzen. Einige der wichtigsten Antworten werden deswegen in diesem Artikel kurz vorgestellt. Es ist aber in jedem Fall empfehlenswert, vor der Anbringung einer Dämmung zusätzlich die für das jeweilige Bundesland gültige Landesbauordnung zu Rate zu ziehen.
Grundsätzlich gehören die Anbringung von WDVS sowie andere Maßnahmen zur Wärmedämmung an der Außenwand nach aktuellem Stand in allen Bundesländern zu den sogenannten “verfahrensfreien” oder “baugenehmigungsfreien” Bauvorhaben. Auch Dachdämmungen an bereits bestehenden Gebäuden müssen mit wenigen Ausnahmen (z.B. Saarland) deutschlandweit nicht genehmigt werden. Ausgenommen von dieser Vereinfachung sind allerdings sowohl bei Außenwänden als auch bei Bedachungen Hochhäuser. Genaue Auskunft darüber, was unter die verfahrensfreien Bauvorhaben fällt, gibt die Landesbauordnung des jeweiligen Bundeslands.
Leider gibt es zu dieser Frage keinen bundesweiten Konsens. Prinzipiell gilt: Wenn nicht anderweitig festgehalten, ist ein sogenannter "Überbau der Grenzwand" nicht erlaubt. Einige Bundesländer sind jedoch dazu übergegangen, im Nachbarrecht eine Ausnahmeregelung zu verankern. Demnach muss ein Nachbar eine Überbauung seines Grundstücks dulden. Dazu zählen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg (hier allerdings direkt in der Bauordnung), Hessen, Niedersachsen und damit eingeschränkt auch Bremen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Thüringen. Allerdings ist das kein "Freifahrtschein" zur Überbauung, sondern oft an weitere Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise:
Nicht alle diese Einschränkungen gelten auch in jedem der genannten Bundesländer. Es empfiehlt sich daher, im jeweiligen Nachbarrecht nachzuschlagen. Außerdem kann es eine große Erleichterung sein, den Nachbarn frühzeitig in die Planung mit einzubeziehen und getroffene Absprachen schriftlich festzuhalten sowie ins Grundbuch eintragen zu lassen.
Abstandsflächen sind festgelegte Flächen an den Außenwänden, die nicht bebaut werden dürfen. Diese müssen in der Regel auf dem eigenen Grundstück liegen. Meist berechnet sich die Tiefe der Abstandsfläche aus der Gebäudehöhe. Das bedeutet, dass sich hier für eine nachträgliche Dämmung zwei Fragen ergeben:
Die gute Nachricht ist: Jedes Bundesland hat in seiner jeweiligen Bauordnung Ausnahmen für eine Wärmedämmung niedergeschrieben. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass auch in diesem Fall die einzelnen Regelungen nicht identisch sind. Häufig bleibt eine Wärmedämmung bei einem bereits bestehenden Gebäude bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Acht, solange sie einen Maximalwert von bundeslandabhängig 0,20 bis 0,30 m nicht überschreitet, so in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und mit kleinen Abweichungen im Saarland. Wird dieser Maximalwert überschritten, gelten wieder die normal üblichen Regelung zur Abstandsflächenbemessung. Manchmal muss auch ein Mindestabstand zur Nachbargrenze eingehalten werden, der zwischen 2,30 m und 2,75 m beträgt. Eine höhere Wand aufgrund einer Wärmedämmung muss allerdings unabhängig von der Dämmstoffdicke in Baden-Württemberg berücksichtigt werden.
Keine Sorge, das ist nicht der Fall. Im Baugesetzbuch des Bundes werden geringfügige Abweichungen von den Festsetzungen zum Zwecke der Energieeinsparung erlaubt, allerdings nur für bestehende Gebäude. Damit beeinträchtigt eine Wärmedämmung weder das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise oder die überbaubare Grundstücksfläche – deutschlandweit.
Vor einer Dämmung sollten in jedem Fall noch einmal die im jeweiligen Bundesland gültige Landesbauordnung und das Nachbarrecht eingesehen werden. Wird die Maßnahme in Zusammenarbeit mit einem kundigen Architekten oder Energieberater umgesetzt, kann auch von diesem Rat eingeholt werden. In diesem Artikel unbeachtet bleiben zudem die Vorschriften zum Brandschutz, weil diese abhängig von den eingesetzten Dämm- und Baustoffen sind. Kurz zusammengefasst schreiben diese vor, in welchen Anwendungsfällen und in Kombination mit welchen Materialien Dämmstoffe mindestens schwerentflammbar oder nichtbrennbar sein müssen. Die Wahl der Dämmstoffe für die verschiedenen Bereiche (außen, innen, Dach, Treppenhäuser, Fluchtwege, Lüftungsleitungen, usw.) sollte also immer mit den Vorgaben der Landesbauordnung abgestimmt sein.
Stand aller Angaben: Oktober 2019
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