Warme Innenräume im Winter, kühle Zimmer im Sommer – geht das? Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. (FIW) weiß die Antwort.
26.08.2019 Für die Planung einer energetischen Sanierung steht für die meisten das Thema "Behaglichkeit" an erster Stelle. Denn genau darum geht es: Man soll sich in den eigenen vier Wänden so wohl wie möglich fühlen – sommers wie winters. Doch kann eine Dämmung im Sommer tatsächlich zu einem angenehmen Raumklima beitragen?
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Eigentlich versteht man darunter den sogenannten sommerlichen Wärmeschutz. Das wesentliche Ziel dabei ist, der Überhitzung von Räumen vorzubeugen. Es geht also darum, ein behagliches Innenraumklima während der Sommermonate sicherzustellen und gleichzeitig den Energieverbrauch für die Kühlung möglichst gering zu halten.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: In Deutschland wird durchschnittlich 8 bis 9 Monate im Jahr geheizt. Deshalb steht häufig der winterliche Wärmeschutz eines Gebäudes im Mittelpunkt von Planung und Berechnung. Dabei weisen moderne Gebäude heute einen hohen Anteil an Glasflächen auf, der zu starken Wärmeeinträgen in die Gebäude, vor allem während der Sommermonate, führt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und dem damit verbundenen Anstieg der sommerlichen Temperaturen, vermehrter Hitzetage und ausgedehnter Hitzeperioden spielt der sommerliche Wärmeschutz eine fast schon gleichwertige Rolle. Denn um erträgliche Raumtemperaturen zu gewährleisten, kommen immer häufiger Klimaanlagen zum Einsatz. Da diese in der Regel einen sehr hohen Stromverbrauch aufweisen, sollten bei der Gebäudeplanung sämtliche baulichen Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz im Vordergrund stehen.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Entscheidend für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes ist das Behaglichkeitsempfinden des Menschen im Raum. Die Behaglichkeit in den vor allem im Sommer von Überhitzung betroffenen Dachräumen hängt von verschiedenen Einflussgrößen ab: Größe und Ausrichtung der Fenster bzw. deren Verschattungssysteme, der Zeitraum, die Dauer und Art der Belüftung sowie die vorhandene wirksame Wärmespeicherfähigkeit der den Raum umschließenden Bauteile und nicht zuletzt der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) der Außenbauteile. Das heißt, je besser der U-Wert eines Außenbauteils, umso geringer ist auch die Wärmemenge im Sommer, die über die Konstruktion in den Innenraum gelangt. Ein gut gedämmtes Haus spart somit sowohl im Winter als auch im Sommer Energie.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Bei einem fachgerecht ausgeführten Wärmeschutz entsprechend der EnEV (Anm. der Redaktion: jetzt GEG) wird auch im Sommer die Behaglichkeit signifikant verbessert. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, dass aufgrund des erhöhten Wärmedurchlasswiderstandes der Konstruktionen der sommerliche Wärmestrom von außen nach innen kleiner und der Einfluss der Außentemperatur über das opake Bauteil geringer wird.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Hier geht es, wie gesagt um die Kombination verschiedener Maßnahmen. Ein gut gedämmtes Haus allein genügt leider nicht. Auch Sonnenschutz und Verglasung sowie Lüftung und richtiges Nutzerverhalten sind entscheidende Parameter.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Massive Bauteile wie Beton und Mauerwerk speichern die Wärme sehr gut. Sie nehmen die Wärme tagsüber auf und geben sie zeitversetzt in den kühlen Nachtstunden wieder ab. Wärmedämmstoffe haben aber eine geringe Masse und eignen sich daher als Wärmespeicher nur sehr bedingt. Dabei spielt die Art der Dämmung eine untergeordnete Rolle. Entscheidend hingegen ist der Aufbau der Bauteile.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Hier ist die Anordnung der Dämmschicht ganz entscheidend. Bringt man die Dämmung außen an, bleiben der Vorteil der "schweren" Massen sowie deren Einfluss auf den sommerlichen Wärmeschutz erhalten. Bei einer Innendämmung hingegen ist die Wirkung der "schweren" Masse entkoppelt, der sommerliche Wärmeschutz ist somit nicht mehr gegeben.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Sehr stark. Deshalb sollte man Fenster an heißen Sommertagen tagsüber schließen und verschatten und während der kühlen Nachtstunden entsprechend lüften.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm: Solare Gewinne entstehen zu 99% über die Fenster. Die Energie, die über nicht transparente Flächen ins Haus kommt, das heißt über die Wände, ist daher vernachlässigbar. Eine Dämmung macht somit kaum etwas aus. Um solare Gewinne im Sommer zu reduzieren, werden die Fenster verschattet, im Winter hingegen bleiben sie unverschattet, sodass die solare Energie während der kalten Jahreszeit dazu beitragen kann, den Heizwärmebedarf eines Gebäudes zu reduzieren.
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm ist Institutsleiter des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. (FIW) in München und Professor für Bauphysik und energiesparendes Bauen. Das 1918 gegründete FIW setzt sich die Erforschung, Entwicklung sowie Beratung auf dem Gebiet des Wärme- und Feuchteschutzes zum Ziel. Ferner ist das FIW europaweit führend in der Prüfung von Bau- und Wärmedämmstoffen und damit hergestellter Konstruktionen.
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